zwischenWelten
Mittwoch, 14. Februar 2007
Schippedillrich
Zweischneidig, doppeldeutig und vielschichtig
zwischen_welten, Mittwoch, 14. Februar 2007, 13:30
Hier ist immer alles zweischneidig, doppeldeutig, vielschichtig. Alles ist so heilig dass die Leute bereit sind, sich gegenseitig im Namen ihrer Nationen Religionen und Richtungen zu massakrieren. Andererseit glaubt hier keiner dem Anderen. Alle wissen, dass sie von vorne und hinten beschissen werden. Von den Ministerien, von ihren Gurus, von Ihren Fuehrern. Und keiner ist ueberrascht, keiner hat das Gefuehl, dass da irgendetwas im Argen liegt. Nein, wer NICHT korrupt ist, wird belaechelt und "Freier" genannt: sucker.

Eine sodnerbare Art von twi-thinking hat sich hier entwickelt: die Wahrheit ist an den zweiten Platz getreten. Es interessiert keinen wirklich was wahr, bzw moralisch vertretbar ist. Sie sind daran gewoehnt, dass die Wahrheit immer verschieden auslegbar ist; statt dass das aber zu einer gewissen Toleranz gegenueber dem Andersartigen fuehrt, vergraben sich die Leute in ihren Anschauungen, ohne zu versuchen, die WAHRHEIT dieser Anschauungen zu vertreten. Es wird mit der Zeit immer weniger relevant, was wahr ist. Das einzige was zaehlt ist, dass ICH so und so denke. Das ist nicht die liberale Art des "Naja, jeder hat das Recht auf eine Meinung", sondern ganz im Gegenteil: NUR ICH habe das Recht - nicht weil ich Recht habe, sondern weil es keinen Sinn hat sich mit anderen Meinung anders als mit Gewalt auseinanderzusetzen.

Die meisten Leuite mit denen ich rede, versuchen ca. 5 Minuten zu bahaupten "wir" haetten "Recht", um dann umzuschlagen auf ein zynisches: "Naja, Du weisst doch, dass es schliesslich nur darum geht, wer die groesseren Eier hat", gegattet mit einem pathetischen Versuch ihre Ehre zu retten; "...aber es ist ganz klar, dass wir die moralischeren sind, da wir nie unsere gesamte Macht benutzen, sonst waeren laengst alle Araber tot."

Genauso glauben sie allem, was aus George Bush's Mund kommt, bzw aus dem einer seiner Schargen. Was heisst: glauben. vielleicht glauben sie ihnen eigentlich gar nicht, sondern kaeuen nur wieder was sie gefuettert wurden, ohne dass es ihnen ihre Zeit wert waere zu UEBRLEGEN OB sie den Gesichtern im Fernsehen glauben.

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Sextango und die Verantwortung
zwischen_welten, Mittwoch, 14. Februar 2007, 12:16
Ich fuehle mich seit dem Beginn verantwortlich fuer das Sextett. Weil es meine Idee war, und weil ich mit den Komponisten geredet habe, weil ich mich an Wolpe gewandt und die Spieler zusammengtrommelt habe. Weil ohne meine Erfahrung im Hoeren und meinen Willen zum Spielen die Gruppe schon laengst keoine Gruppe mehr waere und ich, wie auch immer, die Achse der Gruppe bin. Nicht der Kopf. Die Achse.

Und doch will ich, und auch das ist so alt wie dei Gruppe selbst, meine Verantwortung, meine Macht ueber die Gruppe und ihre Zukunft, das "Recht" der Entscheidung und den damit einhergehenden Druck zu verteilen. Ich WILL nicht wie ein Vorsitzender handeln. Ich will weder Leute unter mir haben, und sei das auch manchmal noch so angenehm, und ich will nicht, dass wenn etwas schief laeuft ich beschuldigt werde. Ich will dass auch andere Leute Verantwortung uebernehmen. Aber bisher funktioniert das nicht. Ueberhaupt nicht. Eli hilft mir, aber kommt nicht wirklich ueber diese Rolle hinaus. Er hilft. Vielleicht אני שופט אותו לכף חובה. Aber Ich habe immer das Gefuehl dass er keinen halben Schritt macht, ohne meine Erlaubnis zu bekommen. Von den Anderen ueberhaupt nicht zu reden.

Wir wollen einige Aufnahmen in Israel rumschicken, damit man uns einlaedt zu spielen. Bisher haben meine תחנונים nichts geholfen, und ich war nicht in der Lage, ausser von Eli, irgendeine Antwort auf die Frage zu bekommen, welche Aufnahmen wir auswaehlen sollten.

Ich habe die Idee aufgebracht, im Sommer nach Deutschland bzw Europa zu fahren. Auf Tour. Ich nahm eigentlich an, dass das aufregend genug sei, damit Leute sich dahinter stellen, und wirklich anfangen, etwas zu machen. Heikki st aus Finnland, Isabelle aus der Tuerkei, bzw aus Polen, Gadiel in Paris aufgewachsen, da muss doch irgendetwas zu tun sein. Bisher - tote Hose. (Immerhin: Eli hat Anke geschrieben. Nachdem er sich mit mir ) Es scheinen entweder alle das Gefuehl, ich mach das schon, oder kein Interesse zu haben. Wundert mich etwas.

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Dienstag, 13. Februar 2007
Schippedillrich
Das Unmoegliche
zwischen_welten, Dienstag, 13. Februar 2007, 13:10
Gerade habe ich mit unverstaendlicher Leichtigkeit angefangen das zu spielen was Emil "Variationen" nennt: die Vervirtuosierung einer Phrase, moeglichst der Endphrase, eines Solostueckes. Ich werde mich aufnehmen und sehen wie gut das wird.

Alles was ich erreichen will, erscheint am Anfang unmoeglich. Ich war nicht wirklich in der Lage so schnell zu spielen wie ich es tue, so virtuos zu spielen wie ich es jetzt kann. Bis ich anfing. Noch vor einer Stunde, als die Varationen noch nicht geschrieben waren, war ich mir sicher, ich koennte es nicht schaffen.

Nur mein Verstand sagte mir: das hast Du auch gesagt, sogar laut, als Du zum ersten das gehoert hast, womit du am 24. in der Kirche in Abu Gosh stehen wirst. Fang an, Du musst es in einer Stunde koennen. Emil erwartet das unmoegliche. Es ist nicht gut genug to do the best you can. You have to do the best. Full stop.

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Meine innere Ruhe
zwischen_welten, Dienstag, 13. Februar 2007, 10:29
Seit zwei Wochen habe ich Semesterferien. Seit zewei Wochen sollte ich in der Lage sein, mich zurueckzulehnen, und an garnichts zu denken. Seit zwei Wochen bin ich damit beschaeftigt das zu versuchen - erfolglos. Meine innere Ruhe ist weg. Staendig habe ich das Gefuehl, ich laufe den Sachen hinterher, ich kaeme zu spaet, schaffe nicht genug. Und habe dan die Wahl, mich entweder auzuruhen (und das Gefuhl zuhaben, ich verschwende noch mehr Zeit...) oder zu beeilen (und der Unruhe das Steuer in die Hand zu druecken...)

Manchmal frage ich mich, ob sie nie wirklich da war, ob ich mich nur immer daran erinnere, dass "vorher" ich in der Lage war, anders mit Situationen umzugehen, waehrend dieses vorher auch vorher vorher war.

Immer wenn ich schreibe bin ich unruhig. Ich habe vor einem halben Jahr angefangen, ordentlich zu ueben. Ordentlich - das heisst: wirklich Ziel-orientiert. Das ist in gewisser Weise etwas, was ich davor verachtet habe. Oder wovor ich Angst hatte, und es deswegen verachtete.

Eli meint, ich sei haltlos geworden, als ich damit angefangen habe. Mit der Bratsche. Er mag recht haben. Ich sehe da zwei verschiedenen Zusammenhaenge: mein Ueben hat eng mit Nuphar zu tun: Ich uebe, bin in der Lage zu ueben, weil sie mir den Weg gezeigt hat, weil yie mir vorgelebt hat, wie das sein kann, weil sie mich in Momenten des Unsicherheit unterstuetzt hat und meinte, ich sei dabei eine Weitere Huerde zu ueberspringen, und danach ginge es noch einfacher und besser.

Aber die Beziehung it Nuphar selbst bringt mich in gewisser Weise auch aus dem Gleichgewicht. Ich will sie einerseits heiraten, wir reden davon, Kinder etc. wirklich und echt, so wie ich es davor nicht erlebt habe. Andererseits stossen wir immer wieder aneinander. Ich habe Angst um meine Freiheit, sie das Gefuehl ich laufe ihr davon. Ich fuehle mih etwas bloede, weil wir so sehr in die vorgefertigten Bahnen von Mann-und-Frau passen.

David Grossman schreibt in "In Another Life" ("BaGuf ani mevina"), wie Rotem sich langsam daran gewoehnt mit Melani in einem Bett zu schlafen, wie sie Wochen lang jede Nacht aus dem Bett springt, auf den Boden, in's Wohnzimmer, weil sie nicht einschlafen kann, weil sie sich nicht entspannen kann. Vielleicht kann auch ich mich nicht entspannen, und nicht weil ich es nicht will, sondern weil "Du nicht daran gewoehnt bist, etwas wirklich zusammen zu machen. Du bist immer alleine, auch wenn wir etwas zuusammen unternehmen" (N. Charsky). Und sie hat recht.

Aber vielleicht will ich das so. Vielleicht ist mir IHR Zusammen zu viel. Ich fuehle so wie Li'at, dass ich lieber mit jemandem in einer 2-Zimmer-Wohnung leben wuerde, als im selben Zimmer, mein ganzes Leben. Andererseits: Das Gefuehlsleben und die Kommunikationsfaehigkeiten von Li'at sind kein Grund zum Neid.

Rostige hashaka

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Dienstag, 13. Februar 2007
Schippedillrich
Winter in Jerusalem
zwischen_welten, Dienstag, 13. Februar 2007, 00:31
13 Jahre Jerusalem, mehr als die Haelfte meines Lebens, und ich habe mich noch immer nicht daran gewoehnt, dass der Winter hier kaelter ist als in Muenchen. Die Temperaturen sinken zwar meistens nicht unter Null, und die Natur draussen neigt eher dazu so auszusehen wie der Engliche Garten im August.

Aber den Haeusern fehlt die Heizung. Und so friert man jeden Winter wieder, waermt sich mit Tee, zieht sich 2 paar Hosen und 3 paar Socken an. Das ist genau so wie der Abfluss hier. Nach jedem Regen (ach was, Regen; hier regenet es nicht, nieselt eher), sind die Strassen ueberschwemmt, und jedes Jahr neu regen sich die Leute darueber auf. Jedes Jahr. Und jedes Jahr ist ganz klar, dass das das erste ist, was zu reparieren ist. Die Kanalisation. Bis zum naechsten Winter.

Wie so alles im Mittleren Osten: Das temporaere ist das einzige was wirklich Bestand hat. Aus allem Richtungen betrachtet ist dieser Satz wahr

Jerusalemer Winter sieht meistens so aus wie Muenchner Herbst

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